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Anspruch auf Neuwert?


Welche Summe muss der Gebäudeversicherer im Schadenfall zahlen – den Zeitwert, die geschätzten oder die tatsächlichen Wiederaufbaukosten?

Hintergrund für den zu beurteilenden Streit ist ein Brand, der zum Totalschaden des betroffenen Gebäudes geführt hat.

Folgende Beträge sind Gegenstand des Prozesses:

  • geschätzter Zeitwert des alten Gebäudes unmittelbar vor dem Brand: 233.000 Euro (laut Gutachten)
  • geschätzte Wiederaufbaukosten eines neuen Gebäudes nach dem Brand: 360.000 Euro (laut Gutachten)
  • tatsächliche Wiederaufbaukosten: 179.000 Euro (laut Kundenangaben)
  • Forderung des Kunden: 360.000 Euro (Wiederaufbaukosten laut Gutachten)
  • Angebot des Versicherers: 233.000 Euro (Zeitwert)
  • strittige Differenz: 360.000 Euro (Kundenforderung) abzgl. 233.000 (Zeitwert) = 127.000 Euro (so genannte Neuwertspitze)

Wie bei Gebäudeversicherungen üblich, sind sowohl der Zeitwert als auch der Neuwert versichert - mit anderen Worten: nur bei nachgewiesenem Wiederaufbau besteht ein voller Anspruch.

Im vorliegenden Fall hieße das entweder: Der Kunde hat lediglich einen Anspruch auf 233.000 Euro (Zeitwert), sofern er keinen Nachweis erbringen kann, dass das Gebäude wieder vollständig errichtet wurde oder: Der Kunde hat einen Anspruch auf 360.000 Euro (Wiederaufbaukosten), sofern er nachweisen kann, dass das Gebäude innerhalb der bedingungsgemäßen Frist (z. B. drei Jahre nach dem Schaden) in gleicher Art und Weise und mit gleicher Zweckbestimmung wie im Ursprungszustand wieder errichtet wurde.

Als Beleg dient in der Regel eine Baugenehmigung in Verbindung mit dem Bauvertrag eines leistungsfähigen Unternehmers. Damit können die Nachweise sowohl für den Wiederaufbau des beschädigten Gebäudes als auch für die zweckentsprechende Verwendung der Neuwertspitze (= Entschädigung, die den Zeitwertschaden übersteigt; hier 127.000 Euro) erbracht werden. Hintergrund ist, dass der Neuwertanteil keine Bereicherung in Geldwerten für den Gebäudeeigentümer mit sich bringen soll.


Neu gebaut und Geld gespart

Im vorliegenden Fall hat der Kunde das gesamte Gebäude nach dem Brand an derselben Stelle wiederaufgebaut. Allerdings hat ihn der Bau nicht, wie vom Gutachter berechnet, 360.000 Euro gekostet, sondern lediglich 179.000 Euro. Der Grund für die Ersparnis: Wesentliche Bauleistungen seien, so der Kunde, in Eigenleistung erbracht worden, was die Baukosten massiv gesenkt habe. Ein Kostennachweis über 360.000 Euro für den Wiederaufbau fehlt daher. Vom Versicherer fordert der Kunde dennoch die volle Entschädigung über 360.000 Euro, denn schließlich habe er das Gebäude wieder aufgebaut und allein das zähle. Im Ergebnis bedeutet das für den Versicherten: neben den reinen Wiederaufbaukosten einen zusätzlichen Geldsegen von 181.000 Euro – zur freien Verwendung.
 

Nachweis nicht gefordert – keine unzulässige Bereicherung

Der BGH hat in einem ähnlichen Fall dem Grunde nach dem Kunden Recht gegeben und den Standpunkt des Versicherers zurückgewiesen. Zur Begündung: Der konkrete Nachweis, dass der Neuwertanteil, die so genannte Neuwertspitze (hier: 127.000 Euro), verwendet wurde, sei laut Bedingungswerk so nicht gefordert. Vertraglich festgelegt sei lediglich, dass das vom Schaden betroffene Gebäude fristgerecht und in gleicher Art und Zweckbestimmung wie vor dem Schaden wiederhergestellt werden müsse.

Liegt der Nachweis vor, dass dies geschehen ist, bestehe Anspruch auf Wiederaufbauentschädigung in Höhe des vollen geschätzten Werts laut Gutachten (hier: 360.000 Euro), auch wenn der Kunde den Betrag nicht mit Rechnungen usw. belegen könne.

Unterstellt man weiter, dass das neu errichtete Gebäude dem vom Brand zerstörten tatsächlich – „in gleicher Art und Weise und mit gleicher Zweckbestimmung wie im Ursprungszustand“ – entspricht, besteht somit Anspruch auf Neuwertentschädigung gemäß vorgelegtem Gutachten (360.000 Euro).

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